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Der vermessene Spieler
Online-Rollenspiele als Datenkraken

Hannover, 19. Juli 2010 - Was Geheimdienste gerne können würden, ist für Anbieter von Online-Rollenspielen Alltag: Die Betreiber protokollieren jede Aktion ihrer Spieler sekundengenau. Sie nutzen ihr Wissen, um die virtuellen Welten attraktiver und profitabler zu gestalten. Entziehen kann man sich dieser Überwachung nicht, schreibt das Computermagazin c't in der aktuellen Ausgabe 16/10.

In Online-Rollenspielen wie World of Warcraft bilden sich Gruppen meist um einen harten Kern einiger Vielspieler, die regen Kontakt miteinander und viele weitere Verbindungen halten. Fällt ein Kernspieler aus, verlassen häufig auch seine Kontakte das Spiel. Damit erhöht sich der Wert der Kernspieler für den Betreiber, weshalb er ein großes Interesse hat, sie bei der Stange zu halten. Mit kleinen Belohnungen in Form von virtuellen Trophäen sollen sie motiviert werden, gemeinsam mit ihrer Gruppe zahlende Kunden zu bleiben.

Die Betreiber der Online-Rollenspiele schauen sich deshalb ihre Spieler ganz genau an und speichern nicht nur jeden Schritt, sondern analysieren jegliche Kommunikation und Interaktion mit anderen Teilnehmern - selbst Chats werden mitgelesen. Dank all dieser Daten erhält der Plattformbetreiber einen genauen Überblick, welche Spieler von zentraler Bedeutung für sein Netzwerk sind. Durch die zwingende Angabe echter Kontodaten sind die Plattformbetreiber im Prinzip in der Lage, das Verhalten einzelner Spieler tatsächlichen Namen zuzuordnen. Es gibt praktisch keine Möglichkeit, sich anonym in diesen Spielwelten zu bewegen.

Geheimdienste verwenden - kontrolliert durch den Rechtsstaat - die gleichen Methoden wie die Betreiber von Online-Rollenspielen. Sie erhoffen sich mit der Überwachung möglichst vieler Kommunikationskanäle frühzeitig potenzielle Terrorgruppen überführen zu können.