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An den Unis grassiert der Plagiarismus
Telepolis über die Krise der Kulturwissenschaften

Hannover, 21. April 2005 - Rund ein Drittel aller studentischen Arbeiten besteht zumindest teilweise aus Plagiaten, schreibt der Medienwissenschaftler Dr. Stefan Weber im Online-Magazin Telepolis unter www.telepolis.de. Statt das System zu hinterfragen, reagieren die Universitäten auf das "Copy, shake & paste-System" ihrer Studenten nur mit Resignation.

Immer mehr Studierende reichen plagiierte Arbeiten ein. Dabei ist längst die Brachial-Strategie des "Copy & Paste" dem differenzierteren "Shake & Paste" gewichen: "Bei der Methode "Shake & Paste" wählt der Plagiator aus mehreren Arbeiten Absätze aus und fügt sie neu zusammen", erläutert die Berliner Informatik-Professorin und Plagiats-Expertin Debora Weber-Wulff.

Allerdings sind die Studenten für die Misere nicht alleine verantwortlich. Sie verdanken den Missstand auch dem Lehrpersonal, das die Zitierregeln oft selbst nicht beherrscht und wissenschaftliches Arbeiten nicht vermitteln kann. "Zudem sind die Studenten Opfer von den Lehrenden, die in ihrer fortschreitenden Unkreativität immer wieder dieselben Themen vergeben", kritisiert Telepolis-Autor Dr. Stefan Weber. An den Universitäten wird kaum noch gelesen, das viel gerühmte "close reading" ist einer allumfassenden Oberflächlichkeit gewichen. Die Fähigkeit zu eigenständigem Denken und zum selbstständigen Formulieren hat - nicht zuletzt auch durch das Internet - rasant abgenommen.

Statt Professoren blättern heute Assistenten unwillig durch die nimmer enden wollenden Stöße von Hausarbeiten. Fazit: Schlechte Lehrende verantworten schlechte Abschlussarbeiten - und deren Autoren sind die Assistenten (und Professoren) von morgen. "Wir behandeln Studierende wie Nummern in einer Abschlusszeugnis-Erzeugungsmaschinerie, es geht kaum noch um den wissenschaftlichen Exkurs", bekennt mit erstaunlicher Offenheit Debora Weber-Wulf.

Plagiatsüberprüfungssoftware und Datenbankfunktionen wie zum Beispiel "related documents" sollen bei der Aufdeckung von Fälschungen helfen. "Viele Services sind jedoch nicht sehr effizient", schreibt Dr. Stefan Weber. Auf dem Symposium zum Thema "Copy, Shake, Paste. Plagiate und unethische Autorenschaften in Wissenschaft und Literatur" in Linz propagierte der österreichische Kulturphilosoph und Betrugs-Forscher Gerhard Fröhlich am 16. April die Vision Open-Access: "Eine effektive Plagiatsbekämpfung wird nur über eine voll digitalisierte Wissenschaftskommunikation möglich sein."

Unter www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19921/1.html finden Sie den kompletten Artikel von Dr. Stefan Weber.