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Deutschland diskutiert, Kalifornien handelt
Technology Review über Kaliforniens Stammzellforschung

Hannover, 21. Juni 2005 - Während in Deutschland nach dem Plädoyer des Kanzlers für die Chancen der Stammzellforschung die Diskussion in eine weitere Runde geht, wird in Kalifornien im großen Stil gehandelt: Risikokapitalisten und Pharmakonzerne aus aller Welt investieren in die Forschung und wollen irgendwann dicke Gewinne einfahren. Dabei ist das Wissen über Stammzellen bislang noch spärlich, schreibt das Technologiemagazin Technology Review in der Ausgabe 7/2005.

Kalifornien hat ein neuer "Goldrausch" erfasst: Innerhalb der nächsten zehn Jahre will der US-Bundesstaat zum globalen Zentrum der Stammzellenforschung aufsteigen. Per Volksentscheid haben sich die Kalifornier für das drei Milliarden Dollar umfassende Förderprojekt entschieden - in Opposition zu George W. Bushs restriktivem Kurs. Das neu geschaffene California Institute for Regenerative Medicine (CIRM) verteilt ab dem Sommer die ersten Zuschüsse an Universitäten und private Forschungseinrichtungen. Ab 2006 wird der Geldhahn richtig aufgedreht, und es fließen jährlich 300 Millionen Dollar in die Grundlagenforschung. Bislang investierte die US-Regierung gerade einmal 25 Millionen pro Jahr in die Forschung mit embryonalen Stammzellen.

Noch weiß man wenig über Stammzellen und ihre enge molekularbiologische Verwandtschaft zu Krebszellen. Ob die Stammzellforschung jemals die versprochenen Wundertherapien und damit die von den Investoren sehnlich erwarteten großen Profite bringen wird, weiß niemand. In Kalifornien ist man jedoch bereit, das Risiko einzugehen. Schließlich bringt diese Initiative neben Tausenden neuer Arbeitsplätze auch großen wirtschaftlichen Nutzen. Laurence Baker, Professor für Gesundheitspolitik an der Stanford University, hat allein für den Staat einen Gewinn von bis zu 12,6 Milliarden Dollar errechnet - eine gute Ertragsrate angesichts der gesamten Kosten von drei Milliarden plus 2,4 Milliarden Zinsen für die Schuldverschreibungen.

Auch in Deutschland hat die Debatte um die Stammzellforschung neue Impulse erhalten. So plädiert Bundeskanzler Schröder für einen Kurswechsel in der Bewertung der Bio- und Genforschung durch die Politik und will das Stammzellengesetz liberalisieren. Thomas Vašek, Chefredakteur von Technology Review, tritt in seinem Editorial dafür ein, dass man zu diesen Schlüsselfragen der menschlichen Ethik das Volk entscheiden lassen solle - und nicht nur den Bundestag. "Stammzellforschung birgt möglicherweise große Potenziale. Doch sollten die Bürger Deutschlands selbst entscheiden dürfen, ob sie die Forschung an embryonalen Stammzellen mit ihrem Gewissen und ihrem Glauben vereinbaren können", fordert Thomas Vašek.