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EU-Parlament sieht Verstöße gegen Menschenrechte
Deutschland und Großbritannien dulden US-Wirtschaftsspionage

Hannover/München, 29. Mai 2001 - Elektronische Überwachungsmaßnahmen von US-Geheimdiensten verstoßen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, auch wenn behauptet wird, sie würden zu Strafverfolgungszwecken erfolgen. Zu diesem Ergebnis kommt ein vorläufiger Bericht des Echelon-Ausschusses des Europaparlaments, der seit heute morgen 11 Uhr der Öffentlichkeit zugänglich ist, schreibt Telepolis, das Magazin der Netzkultur, unter www.telepolis.de.

"Auch Deutschland und Großbritannien verstoßen mit NSA-Spionageverbindungen gegen Menschenrechte. Schließlich haben weder die britische noch die deutsche Regierung die unerlaubte Nutzung von auf ihrem Territorium befindlichen Abhörstationen zur Überwachung privater und wirtschaftlicher Kommunikation verhindert", schreibt Telepolis-Autor Duncan Campbell. Damit verstoßen sie nicht nur gegen EU-Gemeinschaftsrecht sondern auch gegen internationale Abkommen zum Schutz der Menschenrechte.

Die US-Politik bezüglich Wirtschaftsspionage zur Unterstützung von Industrie und Handel war der Inhalt eines detaillierten neuen Berichts, der vor vier Monaten dem Echelon-Ausschuss vorgelegt worden war. Demnach haben sich die Prioritäten der US-Auslandsaufklärung dramatisch verändert. Ungefähr 40 Prozent der Anforderungen zur geheimdienstlichen Aufklärung der USA seien wirtschaftlicher Natur. Ziel sei es, ein "eingeebnetes Spielfeld" für den US-Außenhandel zu schaffen. Dazu würden CIA und NSA zur Spionage gegen ausländische Konkurrenz eingesetzt.

Im Echelon-Ausschuss kommen die Parlamentarier zu dem Ergebnis, dass NSA-Aktivitäten dieser Form in Europa auch dann nicht legal sind, wenn es wirklich bewiesen ist, dass Bestechung im Spiel war. Der Entwurf des Berichts betont: "Von amerikanischer Seite wurde wiederholt versucht, das Abhören von Telekommunikation mit dem Vorwurf der Korruption und Bestechung von europäischer Seite zu rechtfertigen. Die USA seien darauf verwiesen, dass alle EU-Staaten über funktionierende Strafrechtssysteme verfügen. Liegen Verdachtsmomente vor, so hat die USA die Strafverfolgung den Gastländern zu überlassen. Liegen keine Verdachtsmomente vor, so ist eine Überwachung als unverhältnismäßig einzustufen, folglich menschenrechtswidrig und daher unzulässig."

Im Dezember 2000 hatte der nicht ständige Untersuchungs- ausschuss über das Echelon-Abhörsystem des Europaparlaments vier Studien über "Abhörkapazitäten - Auswirkungen und Ausnutzung" in Auftrag gegeben. Drei dieser aktuellen Untersuchungen des Journalisten Duncan Campbell veröffentlicht Telepolis, Magazin der Netzkultur jetzt mit Genehmigung des Sekretariats des Ausschusses unter www.telepolis.de.

Link zum Artikel:
www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/7754/1.html