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Experte: Bahn vernachlässigt ihr Netz
Technology Review über verfallende Schienenwege

Hannover, 20. Dezember 2006 – Die häufigen Verspätungen bei der Bahn haben System: Aufgrund falscher Anreize hat das Unternehmen über Jahre die Instandhaltung seines Netzes vernachlässigt, schreibt der Eisenbahnbau-Professor Thomas Siefer in der aktuellen Ausgabe 1/2007 des Technologiemagazins Technology Review.

Siefer hat drei Faktoren ausgemacht, die zu einer systematischen Vernachlässigung des Netzes führen: zunächst ganz allgemein Sparprogramme, von denen auch die Ausgaben für die Netz-Instandhaltung betroffen sind. Zweitens sei die Eisenbahn-Infrastruktur so langlebig, dass Versäumnisse erst mit deutlicher Verspätung Folgen zeigen. Und drittens habe die Bahn einen direkten Anreiz, Schienen verfallen zu lassen: Wenn ganze Teile des Gleises ausgetauscht werden müssen, bezahlt der Bund, wohingegen für laufende Wartungsarbeiten die Bahn selbst aufkommen muss.

Die Folge von all dem ist laut Siefer „ein schlechter werdender Zustand des Netzes, der sich in gesunkenem Fahrkomfort, Langsamfahrstellen und einer überalterten Anlagenstruktur äußert“. In jüngster Zeit nähmen die verschleißbedingten Ausfälle zu. Allein im Jahr 2005 seien 400 neue Langsamfahrstellen hinzugekommen, die im Fahrplan nicht berücksichtigt wurden.

Selbst wenn sich die Bahn entscheiden sollte, den Rückstand aufholen zu wollen, ist nach den Worten Siefers nicht mit einer schnellen Besserung zu rechnen. Die Integration der nötigen Bauarbeiten in den laufenden Betrieb stelle „ein großes Problem“ dar und könne selbst für zunehmende Verspätungen sorgen. Die netzweite Koordination der Arbeiten erfordere zudem einen Planungsvorlauf von mindestens 36 Monaten. Vermeiden ließen sie sich trotzdem nicht: „Erst wenn es gelungen ist, den Instandhaltungsrückstand aufzuarbeiten, wird es wieder möglich sein, dass die Bahn so pünktlich ist, wie es die Kunden erwarten.“