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Hoffnung auf Zellersatz durch Stammzellen schwindet
Technology Review über Risiken der Stammzelltherapie

Hannover, 24. August 2005 - Embryonale Stammzellen gelten als die größten Hoffnungsträger der Medizin seit der Gentherapie. Doch je mehr die Wissenschaft darüber herausfindet, desto klarer wird, dass eine Zellersatz-Therapie am Menschen bis auf weiteres zu riskant ist, schreibt Deutschlands Technologiemagazin Technology Review in seiner Ausgabe 9/2005.

Vor sieben Jahren gelang es erstmals, menschliche embryonale Stammzellen zu gewinnen: Zellen, die sich in einer Zellkultur immer wieder teilen und auf ein biochemisches Signal hin jeden der rund 220 Gewebetypen bilden können, aus denen der Mensch besteht. Aus diesen so genannten pluripotenten Zellen wollte man die gewünschten Zellen züchten und krankes Gewebe durch neues, gesundes ersetzen - eine verheißungsvolle Zellersatz-Therapie für viele unheilbare Leiden, von Parkinson und Diabetes über Infarkte bis hin zur Querschnittslähmung.

Jedoch brachten aktuelle Tierversuche ernüchternde Ergebnisse: In den Gehirnen von Affen, denen Neuronenvorläufer aus menschlichen embryonalen Stammzellen injiziert worden waren, zeigten sich Anzeichen beginnenden Tumorwachstums. Tatsächlich kann schon eine einzige nicht entfernte Stammzelle unter den daraus gezüchteten differenzierten Zellen die Bildung von "Teratom"-Tumoren auslösen, in denen alle möglichen Zelltypen zu finden sind. Überdies benötigt man für eine Zellersatz-Therapie embryonale Stammzellen des Kranken selbst, die bislang nur über Klontechnik zu bekommen sind. Doch das Erbgut der Zellen, die man für das therapeutische Klonen nutzen will, birgt ein fatales Risiko: Je älter der Patient, desto höher ist die Gefahr von Gen-Mutationen, die dann auch in die geklonten embryonalen Stammzellen übergehen. Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster formuliert es krass: "Man kann natürlich ausprobieren, einen 80-Jährigen therapeutisch zu klonen - und dann zugucken, was das für Tumore gibt."

Bevor grundlegende Fragen wie die nach den genetischen Risiken in der Zellersatz-Therapie nicht näher geklärt sind, bleiben Versuche mit embryonalen Stammzellen am Menschen unverantwortlich, schreibt Technology Review. Embryonalen Stammzellen könnte aber dennoch eine große Zukunft bevorstehen: wenn in absehbarer Zeit auch nicht als Zellersatz, so doch als Werkzeug, um Krankheiten erforschen und Medikamente finden zu können. (sam)