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Nano-Risiko: Die Gefahren der Boom-Technologie
Technology Review fordert öffentliche Debatte über Nanotechnik

Hannover, 26. Oktober 2005 - Während die isolierte Nanotechnik keine unmittelbaren Gefahren birgt, gilt es die bioaktive und disruptive genau zu beobachten und gegebenenfalls streng zu regulieren. Denn toxikologische Studien ergeben, dass die Wundermaterialien der Nanowelt Organismen schädigen können, schreibt Technology Review in seiner Ausgabe 11/05.

Nanotechnik gilt als die Technik des 21. Jahrhunderts. Sie jetzt pauschal als gefährlich zu brandmarken oder zu stoppen, ist weder machbar noch wünschenswert. Denn das Potenzial, das sie für ein nachhaltiges Energiesystem, für einen schonenden Umgang mit den Ressourcen der Erde oder für die Heilung tödlicher Krankheiten bietet, ist gewaltig. Dennoch lassen sich die Risiken nicht einfach wegdiskutieren. Technology Review fordert daher eine öffentliche Auseinandersetzung über mögliche Gefahren und schlägt vor, die Nanotechnik (NT) dafür in drei Klassen einzuteilen: 1. isolierte, 2. bioaktive und 3. disruptive Nanotechnik.

Während in der disruptiven Nanotechnik autonom agierende Systeme Lebewesen massiv schädigen können, birgt die isolierte NT, bei der die Nanokomponente von der Umwelt getrennt ist, keine unmittelbaren Gefahren. Zu ihr zählen Werkzeuge zur Untersuchung von Oberflächen und Molekülen, sowie Werkstoffe wie selbstreinigende oder Antihaft-Beschichtungen.

Bei bioaktiven, künstlich hergestellten Nanopartikeln, die nicht in einer Matrix stecken, ist das anders. "Dieselben Eigenschaften, die Nanopartikel so attraktiv für Anwendungen in Nanomedizin und anderen industriellen Prozessen machen, könnten sich als schädlich herausstellen, wenn Nanopartikel mit Zellen wechselwirken"; konstatiert Günter Oberdörster von der Universität Rochester im US-Bundesstaat New York, einer der führenden Nanotoxikologen weltweit. Bioaktive NT kann aber in ihrem jetzigen Frühstadium noch analysiert und auch reguliert werden. Für einen etwaigen militärischen Missbrauch reicht eine Regulierung allerdings nicht mehr aus: Hier sind Politik und Nano-Community gefordert, wirksame Barrieren einzuziehen.

Will man die Technik des 21. Jahrhunderts human gestalten, sollte man sie als "offene Nanotechnik" angehen, schreibt Technology Review. Der Begriff "offen" meint dabei zweierlei. Zum einen Transparenz: Die Konzepte müssen der Öffentlichkeit zugänglich und begreiflich gemacht werden, etwa über das Instrument der Bürgerforen. Die andere Bedeutung von "offen" ergibt sich aus dieser Forderung: die Übertragung des "Open Source"-Prinzips auf die Nanotechnik. Denn der Wettlauf um die Patentierung der neuen Entdeckungen hat längst eingesetzt.