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Nicht der Dschihad ist in den Niederlanden ausgebrochen, vielmehr hat die Justiz versagt.
Der hohe Preis der "Politik des Duldens"

Hannover, 1. Dezember 2004 - Der Mord am Filmemacher Theo van Gogh und die brennenden Moscheen sind kein Resultat eines "Religionskriegs", sondern vor allem Folge eines Versagens des niederländischen Justizapparats, schreibt Telepolis-Autor Floriaan H. Went unter www.telepolis.de.

Angesichts erschreckend niedriger Aufklärungsraten bei Straftaten in den Niederlanden stellt der Autor die Frage, ob Intoleranz und Gewaltbereitschaft, wie sie in Holland aufgeflammt ist, wirklich in religiösen Konflikten begründet ist. Da in Holland die staatliche Justizgewährung vorenthalten werde und eine konsequente Verfolgung schwerer Verbrechen ausbliebe, sei Selbstjustiz eine Folge, meint Floriaan H. Went. "Dies dürfte wohl auch van Gogh viel eher zum Verhängnis geworden sein als der beginnende Dschihad in den Niederlanden."

Nicht politische Motive, sondern die stark zunehmende Verrohung der Sitten unter Jugendlichen sowie der blutrünstige Kampf im Drogenmilieu ließ die Zahl der Opfer tödlicher Gewalt in den Niederlanden in den vergangenen Jahren stark ansteigen. Gleichzeitig betrug die Aufklärungsrate von Kriminalfällen in den Niederlanden im Jahr 2000 nur 13 Prozent und war damit die tiefste in Europa. Deutschland hatte in diesem Jahr eine Aufklärungsrate von 53 Prozent. Im selben Jahr konnten in den Niederlanden 43 Prozent der schweren Gewaltverbrechen aufgeklärt werden, in Deutschland 83 Prozent.

In den Niederlanden gilt das so genannte Opportunitätsprinzip. Es besagt, dass kein Verbrechen von Amtes wegen verfolgt werden muss. Ausschlaggebend ist nicht die Schwere oder die Art eines Delikts, sondern die Frage, ob die Verfolgung des Täters dem allgemeinen Nutzen dient - ob sie "opportun" ist.

Im Zuge der "Nulltoleranzpolitik", die seit dem Mord an dem Politiker Pim Fortuyn offiziell herrscht, wurde die Polizei verpflichtet, mehr Anzeigen aufzunehmen und an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten. Mit dem Ergebnis, dass unzählige Geldstrafen an Fahrradfahrer ausgeteilt werden, die ohne Licht unterwegs sind. Die so genannte Politik des Duldens, auf die die Niederländer jahrzehntelang stolz waren, hat inzwischen um sich greifender und unnachsichtiger Repression gegenüber Lappalien Platz gemacht. Wo der Rechtsstaat nun aber versagt und die allgemeine Gewaltbereitschaft überaus hoch ist, lebt es sich als Provokateur sehr gefährlich. Das Motiv für den Mord an van Gogh waren offensichtlich seine Beleidigungen gegen den Islam, die juristisch unverfolgten blieben.

Den vollständigen Artikel finden Sie unter: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/18/18908/1.html