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Online-Magazin Telepolis
Datenschutz-Experte: Berichte im Tagesspiegel über CDU-Politiker waren rechtswidrig

Hannover/Berlin, 3. Juni 2023 – Der Berliner Tagesspiegel hat mit der Veröffentlichung der Identität eines CDU-Politikers nach dessen Kommentaren im Leserforums nach Expertenmeinung gegen geltendes Recht verstoßen. Das berichtet das Online-Magazin Telepolis heute. Politisch brisant sei der Fall, weil für die Aufdeckung des Klarnamens offenbar auch die Kritik des Mannes an der Berichterstattung der Zeitung beigetragen habe.

Betroffen ist Hannes Rehfeldt, bisheriger Pressesprecher des CDU-Kreisverbands Neukölln, sowie Mitarbeiter des Berliner Jugendstaatssekretärs Falko Liecke. Rehfeldt ist inzwischen zum Stadtrat für Gesundheit und Soziales gewählt worden. Die Offenlegung seines Namens und seiner Kommentare hätten die Wahl beeinflusst, schreibt Telepolis. Rehfeldt hat sich gegenüber dem Tagesspiegel inzwischen zu den Vorwürfen geäußert.

Im täglichen Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“ hatten Chefredakteur Lorenz Maroldt und Redakteurin Margarethe Gallersdörfer nach über 100 politisch zugespitzten Kommentaren Rehfeldts mit einem öffentlichen Interesse argumentiert. Die Öffentlichkeit habe ein Recht, zu erfahren, wer hinter dem Pseudonym stecke. Zudem hätte der Kommentator "seinen Namen und seine Funktion" als Disclaimer zu jedem seiner Posts setzen müssen.

Von den Community-Richtlinien des Tagesspiegels sei diese Forderung jedoch nicht gedeckt, schreibt Telepolis. Der Tagesspiegel ließ eine Anfrage am Freitag unbeantwortet.

Joerg Heidrich, Fachanwalt für IT-Recht und Datenschutzbeauftragter bei Heise Medien, dem Verlagshaus von Telepolis, schätzt das Verhalten des Tagesspiegels als rechtswidrig ein: „Die Offenlegung des Klarnamens halte ich in diesem Fall für einen Verstoß gegen Datenschutz und auch gegen die Presseethik. Das Vorgehen des Tagesspiegels wäre vergleichbar mit der Veröffentlichung des Namens eines Leserbriefschreibers, der anonym bleiben möchte.“ Auch ein Verstoß gegen den Pressekodex wäre möglich, so Heidrich.

Der Rechtsbruch des Tagesspiegels reiht sich in eine Folge journalistischer Enthüllungen ein, die medienethische Debatten ausgelöst haben. So hatte der Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, publik gemacht, dass ihm der frühere „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt internes Material angeboten hatte. Das Material wurde schließlich bei der „Zeit“ veröffentlicht, die aus privaten E-Mails von „Bild“-Herausgeber Mathias Döpfner zitierte.

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