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Schweinefleisch aus der Retorte
Technology Review über Essen aus Stammzellen

Hannover, 30. März 2006 - Fleisch-Genuss ohne Angst vor Hormonen und Tierseuchen und ohne moralische Bedenken: Diese Vision will eine Gruppe von Forschern aus den Niederlanden wahrmachen. Dazu züchten sie aus Stammzellen Schweine-Muskelmasse, schreibt das Technologiemagazin Technology Review in der aktuellen Ausgabe 04/06.

Schon Winston Churchill schrieb 1924, damals noch Journalist, über die Absurdität, nur für ein paar begehrte Stücke Fleisch ein ganzes Hähnchen aufzuziehen. Eine Lösung sagte er für fünfzig Jahre später voraus. Wenn es nach Forschern um den Utrechter Veterinärmediziner Henk Haagsman geht, wird sich Churchills Vorhersage zumindest verspätet einhalten lassen: Bis 2010 wollen sie beweisen, dass sich aus Schweine-Stammzellen Muskelfleisch gewinnen lässt, zwei Jahre später wollen sie das erste komplette Retorten-Schnitzel vorlegen.

Das Vorhaben wird von drei Universitäten, der niederländischen Regierung und dem Fleischproduzenten Stegeman mit insgesamt 4,3 Millionen Euro finanziert. Die nötigen Stammzellen kommen direkt aus dem Rückenmark geschlachteter Schweine oder werden durch künstliche Befruchtung von Eizellen gewonnen. In einer Nährlösung werden sie erst zur Teilung angeregt, anschließend zur Ausdifferenzierung in Muskel-Vorläuferzellen und schließlich zur Produktion von Muskelzellen. Durch den Verdoppelungseffekt ließe sich theoretisch mit einer einzelnen Zelle die weltweite jährliche Nachfrage nach Fleisch decken.

Das Verfahren wäre laut Haagsman weitaus effizienter als herkömmliche Fleischproduktion, bei der für 100 Gramm bis zu 7000 Liter Wasser verbraucht werden können. Auch bräuchten Verbraucher keine Angst mehr zu haben, dass ihr Schnitzel Hormone, Antibiotika oder tierische Krankheitserreger enthält. Allerdings ist noch offen, ob von dem Kunstfleisch neue Gesundheitsrisiken ausgehen. Zudem erinnert seine Konsistenz beim derzeitigem Forschungsstand eher an verarbeitete Formen von Fleisch, und ihm fehlen die für echtes Fleisch typischen langen Fasern und Fettzellen, die als Geschmacksträger wirken.

Technology Review bietet unter www.die-chancen-frueher-begreifen.de ab sofort kostenlos Leseproben zum Download an.