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Telepolis präsentiert Kunst im World Wide Web
"Shopping Windows": Netzkunst nach dem Zeitalter des E-Commerce

Hannover/München, 22. März 2001 - Telepolis, das Magazin der Netzkultur, zeigt anlässlich seines fünfjährigen Bestehens eine zweiteilige fortlaufende Ausstellung mit exklusiv für Telepolis in Auftrag gegebenen Arbeiten von Netzkünstlern.

Die Ausstelllung mit dem Titel "Shopping Windows", thematisiert einen spezifischen Moment in der Entwicklung des Internet - das Ende seines ersten Höhenflugs, das Platzen der Internetaktienblase und die Ernüchterung über die "New Economy". Dabei geht es nicht unbedingt um eine tierisch ernste Analyse derselben: Ironie, Witz und Spieltrieb stehen im Vordergrund.

Im ersten Teil - "Shopping Windows I" - werden die Arbeiten von Giselle Beiguelman, "BallPool" von Matthew Fuller und "Waste_Words Their Weight & Frequency in London's Municipial Rubbish" von Harwood/Scotoma.org. gezeigt.

Zu sehen ist die Ausstellung in der Telepolis-Rubrik "Netzraum". Hier finden sich Kurzgeschichten, Romane, die als Fortsetzungsgeschichten veröffentlicht wurden, Flash- und Shockwave-Animationen sowie mittlerweile zu den Klassikern der Webkunst zählende Arbeiten wie "My boyfriend came back from the war" von Olia Lialina und "A-Maze" von Mathilde MuPe.

"Mit 'Shopping Windows'" erläutert Telepolis-Redakteur Armin Medosch, "setzt das ansonsten von Texten geprägte Online-Magazin weitere Akzente für ein visuell reicheres, vielfältigeres Internet. Was 1996 mit den frühen Werken der Netzkünstlerinnen Olia Lialina und Mathilde MuPe begonnen wurde, wird mit "Shopping Windows" fortgeführt und soll in Zukunft noch stärker ausgebaut werden." Die Netzkunstausstellung bietet einen Ort für Zerstreuung und Reflektion, abseits der üblichen News und anderer zweckgebundener Aktivitäten im Internet. Teil Zwei der Ausstellung mit drei weitere Arbeiten veröffentlicht Telepolis im Sommer.

Zu den einzelnen Werken:

Giselle Beiguelman sammelt in ihrem Gästebuch, genannt "The Book of Errors", Fehlermeldungen aus dem Internet, die ihr von Usern weltweit zugeschickt werden. Diese verarbeitet sie zu eigenen Seiten, einem Irrgarten von ästhetisierten Fehlermeldungen.

Matthew Fuller beschreibt in einem kurzen Text eine Person, die in einer farbigen Weichplastik-Spielstruktur für Kinder gefangen ist. Durch automatisch generierte Links zwischen ähnlichen Worten verfängt sich der User in einem Wortlabyrinth, das die Gefangenheit der Figur in der kurzen Erzählung widerspiegelt.

Harwood bezieht sich auf den Statistik- und Sammelwahn im Internet. Er hat den Inhalt einer städtischen Londoner Mülltonne ausgeleert, jedes darin befindliche Objekt gewogen und fotografiert und alle Beschriftungen der Objekte transskribiert. Nach einer von ihm aufgestellten Gleichung setzt er die Häufigkeit der auftretenden Worte zum Gewicht des Abfalls in Beziehung und ermittelt damit die statistische Häufigkeit und das Gewicht der Worte, die jeden Tag in London weggeworfen werden.

Wie Harwood in seinem "Handbuch für eine perfekte Kunst" reflektiert, geht es bei all diesen Arbeiten nicht um Sinn oder Nutzen, sondern die Freude an der Verschwendung. "Die Kunst ist umso perfekter, desto mehr Computerressourcen erfolgreich für eine vollkommen sinnlose Beschäftigung eingesetzt werden." Betrachtet man diese Aussage mit einem Augenzwinkern, so mag sie nicht nur für die Kunst zutreffen, sondern auch für manche hochfliegenden E-Commerce-Träume.