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Wasserstoffwirtschaft: "Der Kaiser ist nackt"
Technology Review über die Zukunftstechnologie ohne Zukunft

Hannover, 30. März 2006 - Gerade hat die Bundesregierung 500 Millionen Euro Fördermittel für umweltfreundliche Wasserstoffautos angekündigt. Unabhängige Experten sehen immer weniger Chancen für die Wasserstoffwirtschaft, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 4/06.

"Der Kaiser ist nackt", sagt Axel Friedrich, Abteilungsleiter für Verkehr und Lärm beim Umweltbundesamt (UBA) über die jahrelange Begeisterung für die Wasserstoffwirtschaft. In absehbarer Zeit werde es weder Wasserstoffautos zu kaufen geben noch ausreichend Wasserstoff dafür. Gestützt wird seine Haltung durch eine noch unveröffentlichte Studie im Auftrag des UBA: Selbst unter optimistischen Annahmen komme Wasserstoff aus erneuerbaren Energien darin nicht gut weg.

Das Grundproblem liegt darin, dass Wasserstoff in der Natur so gut wie nie vorkommt und deshalb erst - unter Einsatz von Energie und mit Verlusten - gewonnen werden muss. Ein erhebliches Problem ist außerdem seine Speicherung, weil das Wasserstoffatom das kleinste und damit leichteste aller Atome ist. So kommen nach Berechnungen des Ingenieurs und früheren Wasserstofffans Ulf Bossel bei einem Wasserstoffauto maximal 25 Prozent der ursprünglichen Energie an den Rädern an. Und noch immer sind Brennstoffzellen für Autos pro Kilowatt mehr als 100-mal so teuer wie herkömmliche Motoren.

Während all diese Probleme in der Vergangenheit schnell als lösbar abgetan wurden, mehren sich mittlerweile Stimmen, die die Realisierbarkeit der Wasserstoffwirtschaft grundsätzlich in Frage stellen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat seine Wasserstoffförderung bereits fast auf Null zurückgefahren - obwohl der Koalitionsvertrag ein "nationales Innovationsprogramm zu Wasserstofftechnologien" vorsieht.

Laut der Studie seien Effizienzsteigerungen für die nächsten 30 Jahre die sinnvollste Methode Geld auszugeben, sagt UBA-Abteilungsleiter Friedrich. Stephan Ramesohl, als Forscher am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie an der Studie beteiligt, sieht in der anhaltenden Unterstützung für Wasserstoff auch den Versuch, unbequeme Wahrheiten zu unterdrücken: "Wasserstoff und alternative Kraftstoffe werden gern benutzt, um schon heute eine gewisse Absolution mit der Aussicht auf ein reuefreies Autofahren in der Zukunft zu erteilen."

Technology Review bietet unter www.die-chancen-frueher-begreifen.de ab sofort kostenlos Leseproben zum Download an.